Warum Grenzen setzen so wichtig ist
- Laura L. Ludwig
- 14. Sept. 2024
- 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 16. Sept. 2024
Unsere Hunde leben in einer menschengemachten Welt. Dichte Besiedlung, Autos, Straßen, Lärm und Grundstücksgrenzen.
Mit freier Natur hat unsere Welt durch den Einfluss der Menschen nicht mehr allzuviel zu tun. Auch die Hunde hat die Menschheit nach ihren eigenen Bedürfnissen und Vorstellungen geformt.
Sie leben in einer Welt mit unseren Regeln und Gesetzen. Aus diesem Grund liegt es auch in der Verantwortung eines jeden Hundehalters seinem Hund die Spielregeln unserer Welt so fair wie möglich zu erklären und darauf zu achten, dass diese verstanden werden.
Klingt einfach, doch in der praktischen Umsetzung kommt es oft zu Schwierigkeiten.
Nur weil etwas erklärt wurde, heißt es nicht, dass es auch verstanden wurde.
Lost in translation.
Hat dein Hund wirklich verstanden was du von ihm erwartest?
Hast du es ihm erklärt? Hat er die Erfahrung gemacht, dass es für ihn die erfolgsversprechenenste Option ist deiner Führung zu vertrauen und zu folgen?
Dass er sich darauf verlassen kann, dass du ihn sicher durch diese oft so fremde Welt führst?
Selbst wenn er es verstanden hat, gibt es viele weitere Faktoren die Einfluss auf das Verhalten nehmen können. Genau aus diesem Grund ist es wichtig Hund und Halter immer individuell zu betrachten um mögliche Verständigungsprobleme zu erkennen und diese für eine bessere Kommunikation aufzulösen.
Dies ist ein weiterer Grund, weshalb ich für Erstkunden ausschließlich den Ersttermin: Einzeltraining anbiete. Ich möchte die Zeit und Gelegenheit haben, euch als Individuen wahrzunehmen und dementsprechend die Beratung aufzubauen.
Was hat das alles mit Grenzen setzen zu tun?
Oft merke ich, dass diese Begrifflichkeit negativ belastet ist. Der Hund soll frei sein. Spaß haben. Einfach mal machen dürfen. Grenzen setzen ist gemein, in den Augen einiger sogar mit Gewalt gleichzusetzen. Unfair, der arme Hund.
Nein. Unfair ist es ein Lebewesen in eine fremde Welt zu bringen und sich selbst zu überlassen. Wird schon zurecht kommen. Klären die unter sich.
Woher sollen sie denn wissen, was erlaubt ist und was nicht, wenn es ihnen niemand erklärt?
Häufig lassen wir unsere Hunde ersteinmal machen. Wir überlassen ihnen das Feld, die Verantwortung, die Entscheidungsgewalt. Frei nach dem Motto:
Wird schon gut gehen.
Wenn nicht, dann ist das Gejammer groß:
Wie konnte das nur passieren? Warum hat er das getan? Bestimmt hat er vorher schlechte Erfahrungen gemacht! Das wollte er eigentlich gar nicht!
Wir zerren ein Lebewesen in unsere Welt und entziehen uns dann oft der Verantwortung ohne, dass wir es selbst bemerken. Wir ignorieren die fragenden Blicke oder bemerken sie nicht. Wir überlassen ihnen die Entscheidungsgewalt und wundern uns dann, dass Entscheidungen getroffen werden, die uns nicht gefallen?
Wenn sie sich aufbäumen und uns hinterfragen, wenn wir dann endlich handeln?
Ist das nicht unfair?
Deine Freiheit endet dort, wo die eines anderen beginnt.
Wir sind die Erklärbären für unsere Hunde. Zeigen, erklären und beantworten den fragenden Blick. Im Optimalfall, ab der ersten Sekunde.
Hat man das verpasst, was bei dem ganzen Gerede von: Mal machen lassen. Freiheit u.s.w. sehr gut nachvollziehbar ist (mir ging es auch nicht anders), fällt ein Kurswechsel, ein Neustart oft schwer, aber ist immer möglich.
Verhalten kann verändert, Beziehungen repariert und Regeln und Grenzen neu besprochen werden.
Es kann hart und anstregend werden, aber es lohnt sich.
Grenzen helfen unseren Hunden (genau wie uns) durch diese oft komplizierte und reizüberflutete Welt zu navigieren. Sie helfen uns zu erkennen, welche Freiheiten ausgelebt werden können, ohne die Freiheit eines anderen zu beschneiden. Je besser und schneller Grenzen verstanden und verinnerlichen werden, desto mehr Entscheidungsgewalt und Freiheit kann man sich erarbeiten. Freiheit ist ein Privileg und will verdient sein.
Zudem bedeuten Grenzen Sicherheit und Verlässlichkeit. Es ist angenehm zu wissen, was man darf und was nicht. Es bedeutet Sicherheit genau zu wissen wie man sich am besten in einer Gruppe verhält ohne zu Schaden zu kommen oder ausgegrenzt zu werden.
Ein sehr gutes Beispiel aus unserem Leben, ist der Führerschein:
Zuerst lernt man die Spielregeln, dann übt man diese unter Aufsicht.
Hat man bewiesen, dass man fähig ist die Regeln zu befolgen erhält man die Freiheit Auto zufahren. Dennoch muss man sich weiterhin an die Regeln halten, tut man es nicht, wird einem dieses Privileg wieder entzogen. Glaubst du das ist unfair? Nein?
Warum handeln wir dann bei unseren Hunden oft ganz anders?
Warum wird Fehlverhalten bei Hunde so oft gerechtfertigt und wegerklärt?
Der muss ja mal Hallo sagen.
Das macht der nur weil er sich so freut.
Das tut er, weil er mal gebissen wurde.
Das ist so weil er/sie in der Pubertät ist.
Ursachenforschung kann helfen, ist sogar sehr wichtig, aber sie sollte nie als Ausrede verwendet werden, oder als Erkärung warum sich ein Verhalten niemals ändern kann.
Verlohren hat man nur, wenn man bereits aufgegeben hat.
Ist es in Ordnung, dass die Freiheit anderer beschnitten wird, damit jemand der die Regln nicht beherrscht sich ausleben kann?
Wir tun unseren Hunden keinen Gefallen, sie in Sitautionen, die sie (noch) nicht händeln können, sich selbst zu überlassen. Es ist an uns zu erklären, Hilfestellung zu leisten und immer wieder zu überprüfen, ob sie mit erweiterten Grenzen zurecht kommen, oder weitere Hilfe benötigen.
Mit Grenzen vermittelst du deinem Hund, dass du verlässlich bist, dass du gute Entscheidungen für euch beide triffst, dass du Verantwortung übernimmst.
Wir sollten Verlässlichkeit und Sicherheit anstreben, keine Anacharchy. So können wir alle viel harmonischer in dieser Welt koexistieren.
Deshalb sind Grenzen wichtig und richtig. :)
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